Wanderberatung Levka Ori dieses Jahr Anfang Mai.

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timon
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Registriert: 29. April 2025, 17:46

Re: Wanderberatung Levka Ori dieses Jahr Anfang Mai.

Beitrag von timon »

Ich schulde noch meinen Bericht zur Tour von Agios Ioannis zur Kallergi-Hütte am 25. Mai 2025. Achtung lang!

TLDR: Vorsicht vor dem Bergwetter!!

Nach den Berichten hier war ich erst etwas skeptisch, ob die Tour an einem Tag gut zu bewältigen sein würde. Nachdem ich aber drei Tage vorher die Strecke von Sougia nach Agia Roumeli bei absolut sonnigem, recht warmem Wetter und entsprechend häufigen Pausen beim nachmittäglichen Auf- und Abstieg (und anfangs vier Liter Wasser auf dem Rücken) trotzdem relativ stressfrei mit Ankunft in Agia Roumeli "schon" um 15:30 Uhr hinter mich gebracht hatte, war allerdings die "Generalprobe" geglückt. Auch Gespräche mit Stelios im Pachnes in Agia Roumeli und Antonis im Alonia in Agios Ioannis hatten mich relativ optimistisch gestimmt - beide meinten, dass die Tour von Agios Ioannis zur Kallergi-Hütte tendenziell etwas leichter sei als der Küstenabschnitt zwischen Sougia und Agia Roumeli (v.a. mit Blick auf die etwas kühlere Temperatur in den Bergen).

Mit Antonis habe ich dann auch die Wettervorhersage und genauere Zeitplanung besprochen - er kennt sich aus wie vermutlich kein Zweiter. Angekündigt waren sowohl für Aradena als auch Omalos (als beste Annäherung an die Route) ganztägig Wolken und ab dem frühen Nachmittag ca. 30% Regenwahrscheinlichkeit. Gesehen, aber nach den letzten Tagen an der Küste irrtümlich als nicht besonders relevant abgetan hatte ich auch angekündigte teils starke Böen... und dann auf die harte Tour gelernt, dass das Wetter oben in den Bergen auch auf Kreta im Zweifel deutlich extremer ist als an der Küste und auch im Vergleich zu den Bergdörfern.

Start in Agios Ioannis (gestärkt von einem Ruhetag mit fabelhaften (!) Abendessen im Alonia) am Sonntagmorgen um 4:15 Uhr, hoch nach Krousia in der Dunkelheit mit Stirnlampe (und wieder 4l Wasser) unkompliziert auf dem Fahrweg, am Abzweig Richtung Zaranokephala gegen 5:40 Uhr schon das erste Licht, sodass die Stirnlampe nicht mehr vonnöten war. Aufstieg zum Sattel, dann ebener zur Zarani-Quelle (dort um 7:30 Uhr, Zisterne gut gefüllt mit sauberem Wasser), allerdings schon mit zeitweise leichtem Nieselregen und mitunter starken Böen. Ab der Quelle bedarf der bis dorthin ohne Probleme erkennbare Weg manchmal eines aufmerksameren Umsehens nach dem nächsten Steinmann, Konsultation der GPX-Route aber mE nicht wirklich notwendig.

An der Schlüsselstelle über dem teilweise abgebrochenen Abstieg zum Mitato Potamos war ich um kurz vor 9 Uhr. Der v.a. aus dem Tal kommende Wind kam mir an dieser Stelle zum ersten Mal mit solcher Wucht entgegen, dass ich sehr langsam und konzentriert abgestiegen bin (und einmal wieder ein paar Meter hinauf, nachdem mir die Kappe vom Kopf geweht worden war). Auch bei diesen Konditionen hatte ich allerdings nach den vorherigen Beschreibungen Unangenehmeres erwartet: Die Sektionen, in denen die ursprüngliche Wegführung nicht mehr wirklich erkennbar ist, lassen sich mE mit Vorsicht ohne ernsthafte Gefahr durchsteigen und das Geröll ist groß genug, um nicht zu schottrig-rutschig zu sein oder zu sehr in Bewegung zu kommen. Fast unten angelangt musste ich mich dann doch noch einmal mit den Händen auffangen (also: Konzentration hochhalten!), die linke landete in einer sehr dornigen Pflanze und die mitgebrachte Pinzette kam für ein paar Minuten zum Einsatz. Auch mit der unfreiwilligen Pause und viel Bedacht ist der Abstieg hier aber eine Sache von allenfalls 20 Minuten.

Der Weg durch den oberen Teil der Eligias-Schlucht bis zum ersten Marker des E4 (10:20 Uhr) ist unter normalen Bedingungen sicherlich unschwierig - ich musste aufgrund des mittlerweile extrem böigen Rückenwinds aber immer wieder innehalten, um nicht die Balance zu verlieren. Dazu kam dann etwas stärkerer und andauernder Nieselregen - bei dem Wind allerdings in Form kleiner horizontaler Geschosse (immerhin in den Rücken). Das Wegstück auf dem E4 nordöstlich vom Petrade war dann etwas windgeschützter und gut bewältigbar, sodass ich meinen zwischenzeitlichen Gedanken, die Grat-/Südseite der Melindaou wegen des dort zu erwartenden Windes über den nördlichen Umweg zu umgehen, wieder verwarf - auch, da der Regen tendenziell mehr wurde und ich zunehmend v.a. zügig ankommen wollte.

Der in Richtung Samaria-Schlucht exponierte Teil des Weges an der Südseite der Melindaou (an der höchsten Stelle mit einem kleinen Schneefeld um ca. 11:30 Uhr) war dann allerdings dementsprechend herausfordernd, da der Wind heftigst (und laut!) aus dem Tal nach oben geschossen kam. Technisch ist auch dieser Abschnitt nicht anspruchsvoll und es gibt auch bei schwierigen Verhältnissen keine Stellen, an denen man wirklich abstürzen könnte. Durch den Wind war aber das Setzen der Schritte mitunter schwierig und der Levka-Ori-typische grobe Stein lädt schon bei normalen Bedingungen dazu ein, hier oder da mal umzuknicken.

Spätestens ab hier hat das Wandern dann auch trotz einiger (grauer) Weitblicke keine Freude mehr bereitet. Eigentlich mag ich auch starken Wind gerne - man fühlt sich da sehr lebendig - aber sowas hatte ich bis hierher noch nicht erlebt und brauche ich (v.a. in Kombination mit Regen) auch nicht nochmal. Der unangenehmste Teil der Wanderung war dann der Abstieg vom Sattel zwischen Melindaou und Mavri in Richtung der Schotterstraße bei Poria - der jetzt starke Regen kam mit brachialem Wind von vorne und hatte mich (der ich ohne wasserdichte Hose unterwegs war) binnen kürzester Zeit bis auf den Oberkörper komplett durchnässt, das Wasser stand in den Schuhen. Gleichzeitig sind die Steine hier bei Nässe relativ glatt, das Gelände teils steil und teils lehmig, sodass nochmal volle Konzentration gefragt war (man wird sich in solchen Situationen sehr klar über die wesentlichen Aufgaben).

Ab Ankunft an der Schotterstraße (ca. 12:15 Uhr) dann bei anhaltendem Wind und in klatschnassen Klamotten leicht bergauf zur Kallergi-Hütte, Ankunft ca. 13:30 Uhr. Hüttenwart Lefteris sah sofort, was Sache war und hat mir einen Tee gemacht, während ich mir was Trockenes angezogen habe. Auf der Hütte war sonst nur ein im schlechten Wetter gestrandetes Paar aus Polen.

Reine Gehzeit laut Komoot 7:45 h, 1790 hm hoch und 1010 hm runter auf 26,4 km Strecke (https://www.komoot.com/de-de/tour/22724 ... Yd&ref=wtd).

Ein sehr früher Start in Agios Ioannis ist sicher zu empfehlen, da man bei Sonnenschein und besserem Wetter (1) wegen der höheren Temperaturen und (2) zum angemessenen Genießen der atemberaubenden Landschaft und der spektakulären Wege (v.a. entlang der Zaranokephala!) mehr Zeit (und Wasser!) benötigen wird - ich hätte unter anderen Vorzeichen ausgedehnte Pausen eingebaut und auch den Gipfel der Melindaou auf jeden Fall mitgenommen. So war ich froh, mich trocken aufwärmen zu können - und war glücklicherweise früh genug auf der Hütte, um den vom Wind ab dem frühen Nachmittag massenweise mitgebrachten Saharastaub nicht einatmen zu müssen, der die Weißen Berge von der Mond- zur orangeroten Marslandschaft gemacht hat.

Hier ein paar Eindrücke von Sandsturm aus den Städten: https://en.protothema.gr/2025/05/25/afr ... ee-photos/

Trotz Lehrstunde an diesem Sonntag war es insgesamt eine wunderbare Wanderwoche für mich - auch wegen der vielen tollen Ressourcen hier im Forum; dafür ein riesiges Dankeschön!
kokkinos vrachos
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Re: Wanderberatung Levka Ori dieses Jahr Anfang Mai.

Beitrag von kokkinos vrachos »

Moin timon, danke für deinen wunderbaren Bericht. Schade das du mit dem Wetter so ein Pech gehabt hast.

Der Mai dieses Jahres war der abwechslungsreichste Mai, seit vielen Jahren. Es gab wirklich alles: Südsturm mit Saharasand, Regenschauer (auf der Lassithi-Hochebene kam es zu sintflutartigen Regenfällen. 35 Landwirte haben Anträge auf Entschädigung gestellt), Gewitter und Blitze, kalter Nordsturm mit Hagel, Hitzewelle – alles war dabei. Es war auch der stürmischste Mai seit vielen Jahren.

Ich bin ja vom 13. April bis zum 17. April in Ágios Ioánnis im Aloni gewesen - und hatte super Wetter. Immer kurze Hose und Tshirt - Wetter.

Danach war ich über die Feiertage Orthodoxe Osterfest/Griechische Ostern für 1 Woche auf Gavdos. Ein Tag Regen, sonst super Sommerwetter (teilweise windig).

Vom 23. April bis zum 30. April bin ich Paleochóra gewesen und es war die ganze Woche mehr oder weniger sehr windig. Vor allem abends gab es einen sehr ungemütlichen und kalten Wind. Bei einem Ausflug in die Berge gab es Regen und Nebel.

Das Wetter ist im April besser gewesen als im Mai dieses Jahr. Konnte aber auch nicht am April 2023 und 2024 mithalten, wo es ungewöhnlich warm war.

Der Klimawandel ist seit einigen Jahren auch auf Kreta angekommen...

Viele Grüße aus Hamburg, kv
Zuletzt geändert von kokkinos vrachos am 6. Juni 2025, 12:00, insgesamt 1-mal geändert.
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pezopóros
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Re: Wanderberatung Levka Ori dieses Jahr Anfang Mai.

Beitrag von pezopóros »

Kalimera Timon,

tolle Beschreibung. Sehr detailliert, super! Kann sicher dem ein oder anderen als Warnung dienen.
Ich als Schön-Wetter Wanderer hätte das wahrscheinlich an der Zarani Quelle abgebrochen und wär umgekehrt. Und fast 27km sind ja auch gut sportlich. Starke Willensleistung!

Grüße aus Sougia (wo das Wild mittlerweile frei rumläuft) :shock:
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Daniel
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Frank
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Re: Wanderberatung Levka Ori dieses Jahr Anfang Mai.

Beitrag von Frank »

Hallo Timon,
schön, dass Du uns teilnehmen lassen hast an Deinem lange vorbereiteten Wanderabenteuer!!!! Danke !! :)
Und Gratulation, dass Du den widrigen Wetterbedingungen getrotzt und Deinen Plan durchgezogen hast !! Ohh Gott... Klitschnass bis auf die Haut und Wasser in den Schuhen... :cry:
Liebe Grüße
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