Proteste gegen die geplanten Windparks in der Sfakia

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kokkinos vrachos
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Proteste gegen die geplanten Windparks in der Sfakia

Beitrag von kokkinos vrachos »

Moin, auf Kreta gibt es schon seit vielen Jahren Widerstand/Proteste gegen die Windparks.

Bereits 2015 äußerten neunzehn Gemeinderäte von Kreta eine negative Stellungnahme zur Installation der Windsysteme, in denen 56 Windparks mit einer Gesamtleistung von 1685 MW aufgeführt waren.

„Unsere heroischen Berge sind unser Erbe und unsere Geschichte. Sie sind Symbole der Freiheit, die wir zukünftigen Generationen übergeben müssen.
Wir werden sie verteidigen, wie unsere Vorfahren verteidigt haben, und wenn nötig, werden wir sie mit unserem Blut gießen.“


Neben Papoúres/Sfakia, sind aktuell Windparks bei Asi Gonia, Ierapetra, Kavousi und Sitia (Chandras Hochebene) geplant.

Für den 2.Juni ruft die Sfakia Initiative gegen die Installation von Windparks zu einer Protestkundgebung in Askífou auf.

https://www.zarpanews.gr/chania-sta-sfa ... ikon-vape/

Ohne Umweltverträglichkeitsstudien, ohne Artenschutz und ohne Rücksicht auf die Bewohner sollen im gesamten Land Windparks entstehen.

Die Regierung will im ganzen Land weitere 5.514 Windräder in Naturschutzgebieten (»Natura 2000«-Gebieten) genehmigen und finanziell fördern.

Um bestimmte wirtschaftliche Interessen zu bedienen, mehr Investitionen ins Land kommen („Wachstum“ heißt das Zauberwort), wurde in mitten der Ausgangsbeschränkungen der Corona-Pandemie ein neues Umweltgesetz durch gepeitscht.

Am 5. Mai 2020 verabschiedete das griechische Parlament eine Gesetzesnovelle unter dem Titel „Modernisierung der Umweltgesetzgebung“. Dafür stimmten geschlossen die 158 Abgeordneten der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia unter Premierminister Kyriakos Mitsotakis.

Etwa 170 Umweltschutzorganisationen, Institutionen und die gesamte Opposition stellten sich gegen dieses Gesetz. Die Gesetzesnovelle ebnet den Weg, damit in Naturschutzgebieten Windparks, Hotelanlagen gebaut sowie nach Erdgas gebohrt und Steinbrüche errichtet werden könnten.

Alle Teile für die Windräder werden im Ausland gefertigt, in Deutschland oder Spanien etwa, eine griechische Industrie für den Bau der riesigen Windkrafträder gibt es bisher nicht. Statt den Ausbau der Windparks auf die Bedürfnisse der Inseln zu beschränken würden Gebirge zum Billigpreis in Produktionsstätten für Exportenergie und Kapitalgewinn umgewidmet. Die Inseln werden Teil eines gigantischen Netzes, der fast vollständig privatisierten Energieversorgung.

Kritiker argumen­tieren, dass es umweltverträglicher und auch ökonomisch günstiger wäre, erst die bestehenden Parks zu modernisieren und neue Anlagen nur außerhalb von Schutzgebieten zu errichten.

Griechenland: Mit Windkraft zur "Batterie Europas"
https://www.daserste.de/information/pol ... t-100.html

kaló savvatokyriako – καλό σαββατοκύριακο, kv
Zuletzt geändert von kokkinos vrachos am 1. Juni 2024, 00:31, insgesamt 1-mal geändert.
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p22
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Re: Proteste gegen die geplanten Windparks in der Sfakia

Beitrag von p22 »

traurig, das faszinierende finde ich immer diese völlige Dunkelheit, wenn man von Paleochora oder Sougia Richtung Osten auf die Berge schaut. Demnächst dann nachts wohl eine blinkende Girlande mit Warnlichtern für die Flugzeuge.
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pezopóros
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Re: Proteste gegen die geplanten Windparks in der Sfakia

Beitrag von pezopóros »

Morgen ist in Askifou eine Protestveranstaltung inkl. Musik:
20240523_192929.jpg
Life is trouble, only death is not.
kokkinos vrachos
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Die »ökologische Transition« in Griechenland zerstört Dörfer und Natur. Auf Kreta organisiert sich der Widerstand

Beitrag von kokkinos vrachos »

"Zu Beginn des Juni 2024 diktierte Charalambos Koukianakis, Bürgermeister der nordkretischen Großgemeinde Apokoronas im Regierungsbezirk Chaniá, seinen Leuten in der Schreibstube des Rathauses einen Brief an den griechischen Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis in Athen. Wie später im Gemeinderat erzählt wurde, sei es dem schnauzbärtigen, hochgewachsenen ehemaligen Polizeioffizier wirklich schwergefallen, die eine Seite lange, unterschriebene und abgestempelte Epistel anschließend auch abschicken zu lassen. Koukianakis ist der rechtsnationalen Partei Nea Dimokratia (»Neue Demokratie«, ND) seit ihrer Gründung im Oktober 1974 fest verbunden. Und Mitsotakis, der Adressat, ist, wie schon sein Vater Konstantinos in den Neunzigern, nicht nur Premierminister, sondern auch Anführer der ND, sein Parteichef also. Dennoch konnte der alte Polizist diesmal nichts anderes tun, als sich zu beschweren. Hinter Koukianakis’ Klage steht gegenwärtig eine überzeugte Mehrheit der rund 12.250 Einwohner in den 23 Dörfern des Apokoronas."

"Es geht in dem Brief um drei Dinge. Erstens: die Errichtung von 269 im Durchschnitt 30 bis 40 Meter hohen Strommasten zwischen der Bezirkshauptstadt Chaniá und dem Dorf Damasta nahe der kretischen Nachbarstadt Rethymnon, an denen gewaltige Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen, sogenannte HGÜ-Technik, aufgehängt werden sollen. Zweitens: die zu befürchtende Erweiterung des HGÜ-Kabelprojekts um den Bau eines sogenannten Windparks – die Aufstellung von voraussichtlich 48 bis zu 180 Meter hohen Windrädern auf dem mehr als 2.000 Meter hohen Kamm der Weißen Berge, der Lefka Ori, an deren Nordseite die Menschen des Apokoronas seit Jahrhunderten vor allem von Viehzucht und Olivenanbau leben. Drittens: den Bau einer mindestens vier- bis sechsspurigen Autobahn von Chaniá Richtung Osten zur kretischen Hauptstadt Heraklion, mit der die alte, zweispurige Küstenmarginale weitgehend ersetzt werden soll. Diese drei Projekte sind nach Ansicht des Widerstands, der sich seit etwa einem Jahr verstärkt gegen sie formiert, nicht unabhängig voneinander zu sehen. Sie würden, sagen die Gegner, schon durch schiere materielle Größe Dörfer, Natur und soziales Leben der Menschen in der Region stetig und unwiderruflich verändern, am Ende wohl zerstören."

"Einfach ausgedrückt: Die Leute der Region wollen weder die Strommasten noch die Kabel und schon gar nicht die Windräder. Es geht um viel. Der Apokoronas ist eine der fruchtbarsten Landschaften Kretas. Im Nordwesten der großen Insel gelegen, verdankt die Region dem Hochgebirge Lefka Ori mit seinem alpinen Charakter und den 40 hohen Gipfeln im Winter reichlich Regen für Olivenhaine, Orangenplantagen und Viehweiden. Im Zentrum des Massivs, auf den Hochalmen, auf denen einige tausend Schafe den in leuchtendem Gelb blühenden endemischen Bergtee Malotira abgrasen, erzeugen die kretischen Schäfer den wohl schmackhaftesten Hartkäse des Landes. In der Vorgebirgslandschaft am Fuß der Lefka Ori würden die nun geplanten Masten, enorme Türme aus Stahl, mit ihren Kabeln den Strom durch 14 Dörfer tragen, über die Dächer zahlreicher traditioneller Steinhäuser hinweg, durch Schutzgebiete des EU-Umweltprojekts »Natura 2000« ebenso wie durch die schattigen Schluchten voller seltener Pflanzen. Wohin? Wer profitiert?

Der Widerstand gegen das Projekt richte sich nicht gegen Energie aus erneuerbaren Trägern und daher auch nicht grundsätzlich gegen Windräder und Solaranlagen – das zu betonen ist der Aktivistin Eleni Ravani besonders wichtig."

"Der Widerstand, den die Frauen des Apokoronas organisieren und anführen, sei sich sicher, dass neuere, umweltfreundlichere Techniken die Windräder in einer nicht allzu fernen Zukunft ohnehin hinfällig machen werden. Man setzte daher einstweilen auf »kleine, lokale Einheiten, mit der unsere eigene, die Energieversorgung Kretas also, sichergestellt werden könnte und die wir selbst kontrollieren können. Sie müssten unserer Natur und Kultur schonend angepasst werden«, fordert Eleni Ravani – und hält abschließend fest: »Das ist es, was das Kapital, die sogenannten Investoren, was Mitsotakis, Latsis und Siemens nicht wollen. Wir selbst, die Bauern und Schäfer, die Menschen des Apokoronas, werden versuchen, es durchzusetzen.«"


29.10.2024, jw
https://www.jungewelt.de/artikel/486697 ... ntelt.html

(Der Autor hat nichts dagegen, das ich das hier zietiere. Leider ist der Link nur mit einem Onlineabo zu lesen.)

Kaló Chimóna (Καλό χειμώνα) - einen guten Winter, kv
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