Im April durch die Lefka Ori

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grypaetos
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Im April durch die Lefka Ori

Beitrag von grypaetos »

Neu bin ich hier auf diesem Forum. Nicht neu in den „Lefka Ori“. Und als Einstand eine kleine Reisebeschreibung unserer diesjährigen Wanderung in den „Lefka Ori“. Wir haben schon viele Wanderungen in diesem großartigen Gebirge unternommen und genießen es immer wieder von neuem. Im Herbst 2014 unternahmen wir dann die klassische Überquerung der „Weißen Berge“, von Omalos über Kalergi, Pirou, Katziveli, Rousselles nach Anapoli, weiter durch die Karagena Schlucht nach Loutro und dann die Küste entlang nach Paleochora. Der Klassiker eben. Am schwierigsten erwies sich dabei das Stück von Aghia Roumelli nach Sougia. Es war im Oktober noch sehr heiß, und trotz Mitnahme von 5 l Wasser pro Person, war dies zu wenig. Der Imker am Strand von Sedoni, wo wir auch übernachteten, half uns dann freundlich mit köstlichem Wasser aus der Misere(hier kann man gerne danach fragen). Die Zisterne am Kap Tripiti hätte uns dann zwar auch „gerettet“, aber das Wasser schmeckt brackig, ist aber nicht unbekömmlich. Es war eine fantastische 10 Tage Wanderung, mit allem, was das Herz begehrt, nicht schwierig, aber Vorsicht bei ausgesetzten Stellen ist immer geboten.
Im Frühjahr dieses Jahres machten wir, mein Freund R. und ich, beide männlich und 62 Jahre alt , uns dann erneut auf.
Unser Plan war, dem E4 von Norden, von Kapoi, oder auch Kambi, aus aufzusteigen über die Volikas Hütte nach Livada, weiter dem E4 folgend nach Chora Sfakion, und dann die Küstenstrecke nach Paleochora. 11-12 Tage waren eingeplant. Ein, zumindest für die Jahreszeit, zu ehrgeiziger Plan, wie sich schnell herausstellen sollte.
Am 4. April 2016 landeten wir in Chania, und schon der grandiose Anblick der noch zum Teil schneebedeckten „Lefka Ori“ flößte uns Respekt ein, aber auch die Vorfreude war riesig. Wir fuhren gleich weiter mit dem Taxi nach Kampoi(20Euro) und machten uns auf den Weg. Bei herrlichem Wetter gind es über blühende Wiesen rasch bergan und wir erreichten am Nachmittag eine kleine Schlucht, in der wir unser Lager aufschlugen. Es gibt hier nicht viele geeignete Plätze zum Übernachten, auch die jetzt grünen Flächen sind nur bewachsenes Geröll, aber auf ca 2/3 der Schlucht befindet sich direkt am Pfad ein großer Wacholder, darunter ein weiches Nadelbett. Wir haben es ein wenig auseinandergezogen und so hatten wir gerade Platz für unser Zelt.
Am zeitigen Vormittag des nächsten Tages erreichten wir die Volikas Hütte. Wie erwartet war sie verschlossen, aber in frisch gestrichenem und renoviertem Zustand. Wir machten hier ausgiebig Rast und versorgten uns an der nahen und hervorragend gepflegten kleinen Quelle nocheinmal mit Wasser, und folgten dem bis zum Abzweig „Mile“, das muß hier, allerdings nicht zu dieser Jahreszeit, ein beliebtes Wanderziel sein, denn der Weg ist bis hierhin hervorragend markiert. Danach ist bald Schluß mit der Markierung, und ein Pfad ist auch nicht mehr zu erkennen. Wir bahnten uns unseren Weg von einem E4 Pfahl zum nächsten, jetzt schon in Höhe der ersten Schneefelder. Den letzten passierten wir am frühen Nachmittag und ab jetzt verlor sich der Pfad vollends im Geröll. Wir wurden extrem langsam und hätten nach Karte weiterwandern müssen Bis Livada, bzw. Katsiveli war es in diesem Tempo niemals in zwei bis drei Tagen zu schaffen. Wasser war nicht das Problem, Schnee gab es genug, und mit Essen waren wir gewohnt zu sparen, aber die Vorstellung, die nächsten Nächte irgendwo in einer Felsnische zu verbringen behagte uns gar nicht. Da wir begeisterte Bergwanderer sind, aber keine Hasardeure, die sich selbst und andere in Gefahr bringen wollen, beschlossen wir abzubrechen, welches eine weise Entscheidung war, denn es gab, wie wir später erfuhren, noch kein Wasser in Katsiveli und der Weg von Livada weiter nach Chora Sfakion sei sehr schwierig, und erreichten nach einem Schnellabstieg rechtzeitig vor der Dunkelheit unseren gestrigen Lagerplatz in der kleinen Schlucht.
Zurück in Kampi am nächsten Mittag, ging es per Anhalter, Huckepack auf einer Pick up Ladefläche, zurück nach Chania, und, da noch keine Busse fuhren leider mit dem Taxi(70, 00Euro) rauf nach Omalos ins „Neo Omalos“, einer super Herberge gleich am Beginn des Tales.
Der neue Plan war jetzt: Aufstieg nach Katsiveli auf der gängigen Rute, Umrundung des Pachnes und Abstieg durch den nördlichen Teil der Potamos Schlucht und am Zaranokefala vorbei nach Aghios Ioannis.
Wir erreichten unseren nächsten und uns bereits bekannten Lagerplatz, eine winzige Alm kurz vor Pirou, am nächsten Abend. Hinter uns lag ein fantstischer Wandertag. Kalergi war zufällig offen und wir hatten ein herrliches zweites Frühstück. Auf dem Grad zum Melidaou rasteten wir in totaler Einsamkeit am Rande eines großen Schneefeldes. Millionen ( wirklich! es müssen Millionen gewesen sein) von weißen Krokussen bedeckten die Berge soweit man schauen konnte und auch die sonst braungedörrte Wiese der Alm war mit sattem Grün und ebenfalls unzähligen Krokussen bedeckt. Wir waren hier die ersten in dieses Jahr und scheuten uns richtig dieses unberührte Paradies zu betreten und mit unseren Stiefeln zu entweihen.
Inmitten dieser Pracht stand dann doch bald unser kleines blaues Zelt, über uns der fantastische Sternenhimmel und um uns herum absolute Einsamkeit und Stille. Schafe und Ziegen waren noch nicht hier oben, also fehlte auch das bekannte Geräusch ihrer Glocken und die Schäferhütten von Pirou waren auch noch nicht wieder bezogen. Wir waren allein in diesem Märchenland.
Es folgte eine trotz Alufolien zum Schutz eiskalte und somit größtenteils schlaflose Nacht, und beim morgentlichen Bestaunen des schneebedeckten Pachnesmassivs wurde unser Plan abermals geändert: Umrundung gestrichen und sofortiger und entspannter Abstieg nach Aghios Ioannis. Wir trödelten nun durch den oberen Teil der Potamos Schlucht, und erreichten erst gegen Mittag den Anstieg zum Zaranokefala, der uns noch ordentlich Kraft kosten sollte, und nach dem endlos scheinendem Abstieg erreichten wir am Abend völlig erschöpft Aghios Ioannis und kehrten bei Antonis ein. Was für eine fantastische Herberge! Freundlich wurden wir aufgenommen und es gab erstklassiges hausgemachtes Essen und wunderbaren Wein. Hier kann man einkehren, es wird niemand abgewiesen. Zur Not kann man sein Zelt draußem auf dem Gras aufbauen.
Ab jetzt wanderten wir auf bekannten Wegen weiter über Aghios Pavlos, Aghia Roumelli und Soughia an unser Ziel Paleochora, welches wir ein paar Tage eher erreichten als geplant. Da wegen günstigen Wetters die Samaria Gorge in diesem Jahr zwei Wochen früher als gewöhnlich öffnete, konnten wir somit noch eine schöne Wanderung durch diese als Abschluß hinzufügen.
Nächstes Jahr wollen wir nochmals die Durchquerung der „Lefka Ori“ über den E4 von Norden aus über Livada nach Chora Sfakion versuchen. Wir sind für jeden diesbezüglich hilfreichen Tip dankbar(GPS hilft nicht wirklich. Auch damit ist man zu langsam). Außerdem: Weiß jemand, ob man den südlichen Teil der Potamos Schlucht wirklich nur mit Hilfe bergsteigerischer Mittel un Fähigkeiten bewältigen kann? Von oben sah sie harmlos aus.
Danke schon mal im Vorraus.
Dateianhänge
Kap Tripiti
Kap Tripiti
Am Zaranokefala
Am Zaranokefala
Lager auf der Alm bei Pirou
Lager auf der Alm bei Pirou
Einsamkeit auf dem Sattel des Melidaou
Einsamkeit auf dem Sattel des Melidaou
Irgendwo da oben, kurz vorm Umkehren, da der Weg nicht mehr zu erkennen war
Irgendwo da oben, kurz vorm Umkehren, da der Weg nicht mehr zu erkennen war
Letzter E4 Pfahl auf dem Weg nach Livada.
Letzter E4 Pfahl auf dem Weg nach Livada.
Lagerplatz in der kleinen Schlucht unterhalb der Volikas Hütte
Lagerplatz in der kleinen Schlucht unterhalb der Volikas Hütte
Rheinländer
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Registriert: 31. August 2015, 17:27

Re: Im April durch die Lefka Ori

Beitrag von Rheinländer »

Vielen Dank für die schöne Beschreibung eurer Wanderung! Macht wirklich Lust auch mal im April in die Berge zu gehen, selbst, wenn das Wetter rauer ist und Schneefelder die Wege versperren oder zumindest erschweren können.

Zu deiner Frage, ob die Potamos-Schlucht zu durchwandern sei. Aus eigener Erfahrung diesen September: Ja! Das Potamos-Tal verengt sich zur Eligias-Schlucht und Du findest hier im Forum eine ausführliche Wanderbeschreibung: viewtopic.php?f=21&t=13
Hilfreich dürfte auch ein erst kürzlich verfasster Bericht über die Schlucht sein, zudem auch ich meinen Senf dazugegeben habe: viewtopic.php?f=21&t=475

Diese Schlucht lohnt sich definitiv und ist - wenn man sie kennt - ein toller, sehr ruhiger und vor allem schneller Weg von Agia Roumeli/Agios Pavlos in die weißen Berge und umgekehrt.

Gruß
Dennis
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Re: Im April durch die Lefka Ori

Beitrag von admin »

Danke für den tollen Bericht - ich hätte Lust, jetzt wieder loszugehen! Seid froh, dass der Winter 2015/16 so mild war und daher so wenig Schnee lag! Normalerweise ist es schwierig, im April überhaupt durchzukommen!

Viele Grüße
Simon
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